Stephan Pöhler lud anlässlich des Europäischen Protesttages zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen die sächsischen Spitzenvertreter des Sozialverbandes VdK Sachsen, der Lebenshilfe Sachsen und der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe ein. Im Zentrum des Gesprächs standen die Folgen der Corona-Pandemie.
Spitzengespräch bei dem Beauftragten der Sächsischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen
Den heutigen Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen und die durch die Corona-Pandemie derzeit für alle anzutreffenden erschwerten Bedingungen, hat der Beauftragte der Sächsischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Stephan Pöhler, zum Anlass genommen, mit den Sächsischen Behindertenverbänden ins Gespräch zu kommen. Dazu lud er die Spitzenvertreter:innen des Sozialverbandes VdK Sachsen, der Lebenshilfe Sachsen und der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Sachsen in das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt nach Dresden ein.
Im Rahmen des Spitzengespräches informierte er sich, wie die Menschen mit Behinderungen in der gegenwärtigen Situation im Leben und im Alltag zurechtkommen, welche Schwierigkeiten es gibt und welche Dinge stärker ins Auge gefasst werden müssen.
Die gewonnenen Erkenntnisse wird der Beauftragte in seinen zahlreichen Gesprächen mit Vertretern der Staatsregierung transportieren und er geht davon aus, dass diese in die Entscheidungen der Staatsregierung einfließen werden.
Die Statistiken zu den Folgen der Corona-Pandemie erfassen nunmehr auch die Einrichtungen der Menschen mit Behinderungen, ein wichtiger Schritt, den der Beauftragte initiiert hat. Menschen mit Behinderungen gehören zur Risikogruppe und die Einrichtungen der Behindertenhilfe stellen in Sachsen nach den Pflegeheimen und Krankenhäusern die dritt größte Gruppe von infizierten Bewohnern mit Covid19 dar.
Neben den Möglichkeiten zur Umsetzung von konkreten Hygienekonzepten in den Einrichtungen der Behindertenhilfe war auch das Erfordernis von Corona-Tests sowie die Versorgung mit Schutzausrüstung Gegenstand des Gespräches. Auch die Auswirkungen der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Abdeckung auf Menschen mit Behinderungen, welche Ausnahmen bereits geregelt bzw. noch erforderlich sind, wurden thematisiert. Ferner wurde hinterfragt, wie es mit den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen weitergehen kann.
Ernsthafte Sorgen bereitete dem Beauftragten und den Gesprächsteilnehmer:innen der stete Zuwachs an fragwürdigem Verwaltungshandeln auf der kommunalen Ebene, insbesondere in puncto Einstellung bzw. Rücknahme bereits bewilligter Finanzierungen von Einzelfallhelfer:innen. So wurde beispielsweise im Landkreis Zwickau und im Landkreis Bautzen gegenüber mehreren inklusiv beschulten Kindern die bereits für das gesamte Schuljahr bewilligte Finanzierung von Schulbegleitern mit Beginn der Corona-Pandemie ersatzlos gestrichen. Die Wahrnehmung der nach wie vor bestehenden Schulpflicht ist diesen Kindern somit verwehrt. »Einzelne Landkreise halten sich nicht an Empfehlungen und nutzen vorhandene Ermessenspielräume nicht aus. Die in den letzten Wochen an mich gerichteten Hilferufe von verzweifelten Eltern sowie die bislang fehlende Positionierung der betreffenden Landkreise, lassen erkennen, dass es hier in keiner Weise um die Kinder, sondern um Kostenersparnis auf deren Rücken geht. Das ist beschämend.«, äußerte der Beauftragte während des Gesprächs. » Es gilt diesen Missstand klar und deutlich anzusprechen und auf ein entsprechendes Umdenken und Abstellen hinzuwirken.«, so Pöhler weiter.
Gerade in Krisenzeiten werden gesellschaftsstrukturelle Probleme zutage gefördert und aktuell zeigt sich leider sehr deutlich, dass die mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention erhoffte Schaffung einer gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen noch ein weiter Weg ist. Gemeinsam kamen der Beauftragte und die Gesprächsteilnehmer:innen überein, nach Überwindung der Pandemie die Chance zu nutzen, die konsequente Ausrichtung des Handelns des Freistaates Sachsen für die Menschen mit Behinderungen weiter auszugestalten.
Der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen findet seit 1992 alljährlich am 05. Mai statt und wurde von der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben Deutschland (ISL) ins Leben gerufen. Er soll auf die Situation von Menschen mit Behinderungen aufmerksam machen und die Öffentlichkeit für die europaweite Gleichstellung aller Menschen sensibilisieren. Ziel ist die gemeinsame Förderung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen. Für viele Menschen ist der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen einer der wichtigsten Aktionstage des Jahres und daher ein fester Termin in deren Kalender. Der Aktionstag erinnert alljährlich aufs Neue daran, dass Europa für alle Menschen da ist – auch in Zeiten von Corona.
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