- Datum
- 7.12.2023 10:00 Uhr - 13:00 Uhr
- Ort
- Online via ZOOM
- Anbieter
- Servicestelle Inklusion im Kulturbereich
Erinnern mit Behinderung? Digitaler Austausch für eine vielfältige Erinnerungskultur
Inhalt
Erinnern bedeutet Menschen, Ereignisse oder Dinge ins Gedächtnis zurückzurufen und nicht zu vergessen. Erinnerungskultur, das meint die kollektive Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte. Sie ist unumgänglich politisch, da sie gesellschaftliche Zusammenhänge und Leerstellen bestimmt. Aus dem Erinnern als Kultur, zum Beispiel in Form von Gedenkstätten oder Denkmälern, erwächst die Verantwortung einer Gesellschaft für gegenwärtige und zukünftige Diskurse.
Doch wo wird in den ostdeutschen Bundesländern aktuell an die Geschichte mit Behinderung, der Disability History erinnert? Wie wird darüber berichtet und können diese Erzählungen mit anderen marginalisierten Gruppen verbunden werden?
Steven Solbrig lädt zusammen mit der Servicestelle Inklusion im Kulturbereich Sachsen zu einem dreistündigen Austausch zwischen Wissenschaftler*innen, Initiativen, Vereinen, Kulturakteur*innen und Interessierten ein. Unter Beteiligung mehrerer Forschungs- und Ausstellungsprojekte werden wir uns den obengenannten Fragen annähern und darüber hinaus einen möglicher Ansatz des zeitgenössischen Gedenkens mit Behinderung für eine vielfältige Erinnerungskultur suchen.
1. IMPULS: Menschen mit Behinderung als Zeitzeugen – eingeschlossen, ausgeschlossen, abgeschlossen? Zum Zusammenhang von Sprache, Erinnern und Menschenwürde.
Peter Müller „Wir müssen sprachfähig sein, um würdevoll und inklusiv leben zu können! Wie sich die Bilder gleichen, eine Beobachtung zu Beginn: „Würde im Alter“ hängt viel mit sprachfähig bleiben zusammen, sich artikulieren und kommunizieren können als Vermeiden von Einsamkeit, Isolation und Exklusion in Folge gesundheitliche Einschränkungen und einer öffentlichen Duldung der gesellschaftlichen Verdrängung „unzeitgemäßer“ Menschen und Themen. Der Verlust von Würde im Alter und bei Behinderung geht oft mit Ausschluss aus dem sozialen Leben im unmittelbaren Wohnumfeld einher – Familie, Nachbarschaft, Sozialraum. (s. näher Würde und Sprache – Saul Friedländer im September 2016)“
2. IMPULS: Gedenkstätte Pirna Sonnenstein
Birger Höhn „Ich habe mich als autistischer Mensch immer gefragt, warum ich so inklusionspolitisch aktiv gewordern bin auf diversen Ebenen. In Gedenkstätten wie Pirna-Sonnenstein habe ich die Antwort bekommen.“
Melanie Wahl „Beim Peer-Projekt ging es mir zuvorderst darum, dem Grundsatz „nicht ohne uns über uns!“ gerecht zu werden. Das Führungskonzept wurde gemeinsam mit insgesamt sechs „Menschen mit Lernschwierigkeiten“ entwickelt. Diese Menschen wurden zeitgleich zu peer-Referenten ausgebildet. Die Führung ist sehr dialogisch aufgebaut, um im Gespräch einen Lernprozess in Gang zu setzen. Ich bin der Überzeugung, dass man nur aus der Geschichte lernen kann, wenn man sie kennt. Wir als Akteur der erinnerungspolitischen Bildungsarbeit haben die Aufgabe, allen Menschen diesen Zugang zu ermöglichen.“
3. IMPULS: Ausstellungsprojekt „Am Leben vorbei!“
Dr. Sandra Pingel-Schliemann „Menschen mit Behinderung waren in der DDR-Diktatur jederzeit eine Randgruppe der Gesellschaft“
Veranstaltungsreihe Werkstatt Inklusion!
Mit der Veranstaltungsreihe Werkstatt Inklusion! bietet die Servicestelle Inklusion im Kulturbereich jeden Monat ein festes Beratungs- und Austauschformat für alle Akteur*innen des sächsischen Kulturbereiches an. Ziel ist ein unkomplizierter, praxisnaher Austausch und eine landesweite Vernetzung unter den Kolleg*innen. Für ein spezifisches Thema laden wir Expert*innen und Praktiker*innen ein, die ihre Erfahrungen und Erkenntnisse präsentieren. Stets besteht die Möglichkeit, Fragen zu stellen und ins Gespräch zu kommen.
Ablauf
10:00 Uhr – 10:20 Uhr
- Begrüßung: Johanna von der Waydbrink (Servicestelle Inklusion im Kulturbereich)
- Inhaltliche Einführung: Steven Solbrig
- kurze Vorstellungsrunde der Teilnehmer*innen
10:20 Uhr – 10:50 Uhr
- IMPULS: Menschen mit Behinderung – eingeschlossen, ausgeschlossen, abgeschlossen? Zum Zusammenhang von Sprache, Erinnern und Menschenwürde: Peter Müller, Sigus e.V.
10:50 Uhr – 11:20 Uhr
- IMPULS: Gedenkstätte Pirna Sonnenstein: Birger Höhn, Peer-Projekt in Pirna Sonnenstein & Melanie Wahl, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein
11:20 Uhr – 11:45 Uhr
- Pause
11:45 Uhr – 12:15 Uhr
- IMPULS: Ausstellungsprojekt „Am Leben vorbei!“: Dr. Sandra Pingel-Schliemann, freie Autorin und Kuratorin der Ausstellung „Am Leben vorbei“ Kinder und Jugendliche in sonderpädagogischen, psychiatrischen und Behinderteneinrichtungen in den DDR-Nordbezirken
12:15 Uhr – 12:45 Uhr
- GESPRÄCH: Behinderung, Queerness und Erinnerung: Leo Lentz, LAG Queeres Netzwerk Sachsen & Steven Solbrig, freischaffend
12:45 Uhr – 13:00 Uhr
- Fazit und Ausblick
Referent*innen
Steven Solbrig, weiß, non-binär und behindert, wurde 1984 in der ehemaligen DDR geboren. Steven fotografiert, lehrt, performt und schreibt zu den/der Disability Arts/Culture (Kunst und Kultur mit Behinderung). Steven Solbrig recherchiert aktuell für ein Performancevorhaben künstlerisch in Kooperation mit Theater Rampe (Stuttgart) und LOFFT – Das Theater (Leipzig) innerhalb der FREIRAUM – Residenz des Netzwerk Freies Theater zur Verwobenheit von Behinderung, Queerness und sozialer Herkunft bzw. Ost-Hintergrund.
Dr. Peter Müller 69 ++ Abitur in Sonderschule Königs-Wusterhausen 1973, danach Lehrabschluss Industriekaufmann und Arbeit in einem VEB ++ Soziologiestudium bis 1982, habilitierter Medizinsoziologe (1991 TU Dresden, Akademie für Ärztliche Fortbildung Berlin) ++ seit 1992 in der (Offenen) Altenhilfe tätig und immer wieder in der Selbstorganisation/stets generationenverbindend etwa in Gemeinschaftswohn- und Empowermentprojekten ++ seit 15 Jahren blind ++ verheiratet, 2 erwachsene Töchter
Birger Höhn ist ein autistischer Mensch. Als gelernte Bürokraft hat er viele Jahre als Beschäftigter in Behindertenwerkstätten gearbeitet. Er arbeitet seit September 2018 in der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) derr Stadt AG Dresden. Wenig später kam der Beginn seiner Peer-Tätigkeit in der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein dazu. Birger Höhn ist inklusionspolitisch auf diversen Ebenen sehr aktiv. Seit dem Beginn der Tätigkeit in der Gedenkstätte Pirna Sonnenstein stellt das Thema Inklusiv erinnern – einen absoluten und auch prioritären Schwerpunkt dar. Er erinnert, um den Opfern einen Teil ihrer Würde zurückzugeben, aufzuzeigen wie es möglich war und alles, aber auch wirklich dafür zu tun, daß sowas nie wieder ist.
Melanie Wahl ist Historikerin und seit 2016 an der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein tätig (seit 2021 als Referentin für Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit an der Gedenkstätte).
Dr. Sandra Pingel-Schliemann 1991 Abitur in Lübz, 1992 bis 1997 Studium der Politikwissenschaft und Kunstgeschichte an der Universität Hamburg, 2001 Promotion, Veröffentlichungen zur SED-Diktatur, u.a. „Zersetzen. Strategie einer Diktatur“ (2004), „Ihr könnt doch nicht auf mich schießen! Die Grenze zwischen Lübecker Bucht und Elbe 1945 bis 1989″ (2017), „Pass dich an und fall nicht auf! Umerziehung in DDR- Spezialheimen“ mit Burkhard Bley (2018), „Nicht gehört: Gehörlose Kinder in der DDR“ mit Sandra Uhlig (2020). Kuratorin mehrerer Ausstellungen, u.a.: „Am Leben vorbei“ Kinder und Jugendliche in sonderpädagogischen, psychiatrischen und Behinderteneinrichtungen in den DDR-Nordbezirken, Wanderausstellung (2021), auch online abrufbar.
Leo Lentz (er/keins) ist Referent in der Fachstelle der LAG Queeres Netzwerk Sachsen. Die Landesarbeitsgemeinschaft Queeres Netzwerk Sachsen ist der Dachverband der Vereine und Verbände, die sich für die gleichberechtigte Teilhabe von lsbtiq* Personen in Sachsen in allen Lebensbereichen einsetzen. Wir vertreten die Interessen unserer Mitglieder gegenüber Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft. Gleichzeitig informieren und sensibilisieren wir für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt.
Zielgruppe
Der Fokus liegt auf sächsische Akteure, die sich mit dem Thema Erinnerungskultur/Aufarbeitung auseinandersetzen. Das können sein:
- Aktivist*innen und Künstler*innen mit Behinderung
- Mitarbeiter*innen von Kultureinrichtungen
- Netzwerke und Initiativen
Teilnahme
- Für die Teilnahmen an dieser Veranstaltung sind keine Vorkenntnisse erforderlich.
- Die Teilnahme ist nach vorheriger Anmeldung möglich (Anmeldeformular siehe unten).
- Alle Teilnehmenden erhalten dazu im Voraus per E-Mail einen Zugangslink, über den sie das digitale Werkstattgespräch besuchen können.
- Es erfolgt keine Aufzeichnung oder Speicherung durch den Anbieter. Sie sind gehalten ebenfalls keine Aufnahmen zu speichern und darauf zu achten, dass die Privatsphäre anderer gewahrt bleibt.
- Bei Verstößen behalten wir uns vor, Sie von der Veranstaltung auszuschließen oder die Teilnahme z. B. auf Audio zu beschränken.
Barrierefreiheit
- Die Veranstaltung wird in Deutsche Gebärdensprache (DGS) übersetzt.
- Wir sind bemüht, unsere Veranstaltungen so barrierefrei wie möglich zu gestalten. Die Plattform Zoom, über welche die Veranstaltung laufen wird, unterstützt die Verwendung von Screenreadern und die Steuerung über die Tastatur.
- Bitte geben Sie uns bei der Anmeldung Bescheid, welche weiteren Bedarfe Sie in Bezug auf die Barrierefreiheit des Angebotes haben.
- Weitere Informationen zur Barrierefreiheit bei ZOOM erhalten Sie über ZOOM Barrierefreiheits FAQs
Technische Unterstützung
- Die Veranstaltung wird über die Plattform Zoom angeboten. Die Teilnahme erfordert kein eigenes Nutzerkonto.
- Für die Teilnahme benötigen Teilnehmende ein internetfähiges Endgerät (PC, Laptop, Tablet, Handy etc.) mit Kamera- und Mikrofonfunktion und gutes Internet.
- Bitte achten Sie darauf, dass Ihr vollständiger Name bei Zoom angezeigt wird. Das ermöglicht uns einen besseren Überblick.
- Sie können bereits 10 Minuten vor Beginn des Webinars dem ZOOM-Meeting beitreten und die einzelnen Funktionen testen.
- Sollten Sie Hilfe benötigen, dann melden Sie sich bitte bei der Servicestelle Inklusion im Kulturbereich per Mail bei Matthias Franke inklusion@soziokultur-sachsen.de oder per Telefon 0351 – 802 17 69.
Kontakt
Matthias Franke
Servicestelle Inklusion im Kulturbereich
Landesverband Soziokultur Sachsen e.V.
Alaunstr. 9 | 01099 Dresden
T: 0351 – 802 17 69 | E: inklusion@soziokultur-sachsen.de
Web: www.inklusion-kultur.de
Förderhinweis
Die Servicestelle Inklusion im Kulturbereich, in Trägerschaft des Landesverbandes Soziokultur Sachsen e.V. wird gefördert durch das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus. Diese Einrichtung wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.