Viele organisatorische, handwerkliche oder künstlerische Prozesse wie Proben oder Teamsitzungen können von Mitarbeitenden ohne Behinderung selbstverständlich und selbstbestimmt ausgeführt werden. Das muss auch für Mitarbeitende mit Behinderung gelten. Je mehr Barrierefreiheit zum Standard für Prozesse, Produkte und Dienstleistungen einer Kultureinrichtung wird und damit personenunabhängig gegeben ist, umso selbstbestimmter können alle Mitarbeitenden agieren. Fehlende Barrierefreiheit führt dazu, dass zeitaufwendige Zwischenlösungen gefunden werden müssen.
Arbeitsabläufe & Arbeitsplatz
Arbeitsabläufe
Gestalten Sie Arbeitsabläufe wie Teambesprechungen, Proben etc. so, dass alle Mitarbeitenden sie problemlos erledigen bzw. daran teilhaben können und nicht auf fremde Hilfe angewiesen sind. Achten Sie dabei u.a. auf barrierefreie Räumlichkeiten, eine entsprechende Pausengestaltung, eine auf die Bedürfnisse angepasste Länge von Arbeitsabläufen, barrierefreie und inklusive Moderationsmethoden (die z.B. alle zu Wort kommen lässt und Zusammenfassungen vorsieht) und barrierefreie Kommunikationsmaterialien, die das Zwei-Sinne-Prinzip berücksichtigen.
Neben schriftlichen Protokollen von Besprechungen kann es sinnvoll sein, auch Ton- oder Videoaufzeichnungen anzufertigen. Dies ist hilfreich für Menschen, für die soziale Interaktion herausfordernd ist. Diese können die Mitschnitte im Nachhinein in Ruhe anhören bzw. anschauen und auch kommentieren.
Fragen Sie bei Besprechungen im Voraus standardmäßig den Bedarf in Bezug auf Barrierefreiheit ab (auch bei externen Gästen). Dieser kann z.B. in einem barrierefreien Besprechungsraum oder einem Dolmetschen in Gebärdensprache bestehen.
Überprüfen Sie Abläufe und ermitteln Sie, z.B. anhand einer Gefährdungsbeurteilung, wie diese angepasst werden können, damit das physische und psychische Wohlergehen der Mitarbeitenden gesichert ist. Notwendige Anpassungen können den Lärmschutz, z.B. im Orchester, oder die gesundheitsfördernde Ausstattung von Probenräumen etwa mit Schwingboden, Belüftungssystemen, Beleuchtung betreffen, aber auch ausreichende Ruhe- und Regenerationspausen nach Phasen großer Beanspruchung oder ein Mitspracherecht etwa bei Programmwahl und Rollenbesetzungen.
Schöpfen Sie die technischen und digitalen Möglichkeiten für die Bewältigung Ihrer Arbeitsabläufe aus. Die Lockdownphasen in der Corona-Pandemie haben gezeigt, dass hier sehr viel Spielraum für neue Arbeits- und Kommunikationsformen wie mobiles Arbeiten oder Heimarbeit besteht. Dies kann auch eine Chance für Menschen mit Behinderung sein: Arbeitswege fallen weg, autistische Menschen bspw. können im Homeoffice dem sozialen Stress in der Organisation aus dem Weg gehen.
Barrierefreie Kommunikation
Gestalten Sie die interne Kommunikation und Informationssysteme klar, verständlich und barrierefrei. Dies betrifft z.B. Dienstpläne, Terminkalender, Intranet, etc. Weitere Informationen finden Sie unter Kommunikation und Information.
Stellen Sie sicher, dass Wissen dokumentiert und für die Mitarbeitenden transparent und barrierefrei zugänglich ist. Es reicht nicht aus, wenn Wissen, welches für die Kultureinrichtung essenziell ist, nur informell weitergegeben wird. Das ist insbesondere für Betriebe mit großer Belegschaft und mit unterschiedlichen Standorten wichtig.
Schöpfen Sie die technischen und digitalen Möglichkeiten für die Bewältigung Ihrer Arbeitsabläufe aus. Die Lockdownphasen in der Corona-Pandemie haben gezeigt, dass hier sehr viel Spielraum für neue Arbeits- und Kommunikationsformen wie mobiles Arbeiten oder Heimarbeit besteht. Dies kann auch eine Chance für Menschen mit Behinderung sein: Arbeitswege fallen weg, autistische Menschen bspw. können im Homeoffice dem sozialen Stress in der Organisation aus dem Weg gehen.
Soziale Anlässe
Besprechen Sie mit den Mitarbeitenden, wie soziale Anlässe so organisiert werden können, dass sie daran teilnehmen können. Stellen Sie es den Personen frei, daran teilzunehmen, und bauen Sie keinen sozialen Druck auf. Betriebliche Rituale wie gemeinsames Mittagessen oder soziale Anlässe wie Premierenfeiern, Vernissagen, Weihnachtsfeiern oder Empfänge können für manche Menschen mit Behinderung, z.B. für Menschen mit Autismus, herausfordernd sein.
Externes Personal
Achten Sie auf barrierefreie und inklusive Arbeitsbedingungen auch für externes oder befristet beschäftigtes Personal sowie Mitarbeitende im Homeoffice, im Außendienst (z.B. Kulturvermittler*innen in Schulen und Kitas) oder auf Gastspielen. Diese sollten Sie bereits in Ausschreibungen und bei der Vertragsgestaltung thematisieren.
Arbeitsplatz
Ob Atelier, Probebühne oder Archiv, alle Mitarbeitenden müssen barrierefreien Zugang zu sämtlichen Räumlichkeiten innerhalb der Kultureinrichtung haben und ihre Arbeit selbstständig ausführen können. Eine entsprechende Gestaltung der Arbeitsumgebung ist deshalb essenziell.
Eine Begehung aller Räume mit der*dem behinderten Mitarbeitenden als Expert*in ist unabdingbar. Die Bedürfnisse von Menschen mit einer unsichtbaren Behinderung werden leider häufig vergessen. Insbesondere akustische Gegebenheiten (z.B. permanente, surrende Geräusche) oder ungünstige Lichtverhältnisse (z.B. flackerndes Licht) können ungewollt zu Barrieren werden. Viele Regelungen der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) gewährleisten die Sicherheit für alle Beschäftigten und kommen Menschen mit und ohne Behinderung zugute. Manche Anpassungen müssen erst vorgenommen werden, wenn eine Person mit Behinderung eingestellt wird.
Achten Sie darauf, dass Arbeitsplatz und Arbeitsmittel zugänglich und barrierefrei nutzbar sind. Neben dem entsprechend gestalteten individuellen Arbeitsplatz müssen auch alle sonstigen genutzten Räumlichkeiten wie WC und Kantine sowie Ausstattung und Materialien, z.B. Kopierer, Teeküche oder Werkzeug, barrierefrei zugänglich und nutzbar sein. Dies gilt auch für Parkplätze, Fluchtwege und Notausgänge.
Weitere Informationen siehe Kapitel Gebäude und Technik.
Eruieren Sie rechtzeitig den Bedarf Ihrer Mitarbeitenden bezüglich der Arbeitsplatzausstattung. Arbeitnehmer*innen mit Behinderung benötigen teilweise individuelles Equipment wie Braillezeilen, höhenverstellbare Schreibtische oder assistive Technologien wie eine Spracherkennungssoftware oder Bilderkennungsapps, ein Bildschirmlesegerät oder spezielle Sitz- oder Liegemöbel. In den meisten Fällen wissen die Mitarbeitenden ganz genau, welche Ausstattung sie brauchen und wo sie die Förderung dafür beantragen können. Unterstützen Sie also die Mitarbeitenden bei der Beantragung. Wenn Mitarbeitende eine Arbeitsassistenz benötigen, planen Sie diesbezüglich einen zusätzlichen Arbeitsplatz ein.
Informieren Sie sich über Unterstützungs- und Fördermöglichkeiten. Integrationsfachdienste und Arbeitsagenturen beraten (auch Arbeitgeber*innen) bei Fragen im Zusammenhang mit Unterstützungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer*innen mit Behinderung, z.B. hinsichtlich finanzieller Fördermöglichkeiten, Arbeitsplatzanpassungen, Reha-Maßnahmen.